Stellen Sie sich vor, Sie stürzen, schlagen sich den Kopf an und haben Ihrer Familie noch nichts von Ihrer Schwangerschaft erzählt. Oder Sie kämpfen auf einer Geschäftsreise mit akuter Atemnot und keiner Ihrer Mitreisenden weiß, dass Sie unter einer Erdnuss-Allergie leiden. In diesen oder ähnlichen Fällen kann das Notfalldatenmanagement Leben retten.
Notfalldatenmanagement: Deutschlands Gesundheitswesen geht einen Schritt weiter Richtung Digitalisierung
Das Notfalldatenmanagement (NFDM) dient dem Speichern von notfallrelevanten Patientendaten auf der elektronischen Gesundheitskarte (Krankenkarte, kurz: eGK). Dies ermöglicht Ärzt:innen einen schnellen Zugriff auf medizinische Informationen und damit eine gezieltere Behandlung von Patient:innen. In einer akuten Notsituation rufen die behandelnde Ärzt:innen die Informationen von der Krankenkassenkarte direkt ab. Damit wird eine schnellere Anamnese ermöglicht.
Als Notfalldaten (NFD) werden Informationen zu Diagnosen, Arzneimitteln oder Allergien direkt auf der Krankenkarte gespeichert. Neben medizinischen Informationen besteht die Möglichkeit, die Auskunft über das Vorhandensein eines Organspendeausweises oder den Ablageort einer Patientenverfügung zu hinterlegen.
Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen – das sind ihre Aufgaben im Notfalldatenmanagement
Nur Ärzt:innen und ärztliche Psychotherapeut:innen erzeugen, aktualisieren oder löschen auf Wunsch ihrer Patient:innen einen Notfalldatensatz. Dabei bestehen zwei Voraussetzungen: Sie authentifizieren sich über einen sogenannte elektronischen Heilberufsausweis (eHBA), eine Art Dienstmarke für Ärzte, und verfügen über notfallrelevante Informationen. Andere Behandelnde, wie psychologische Psychotherapeut:innen, sind zum Lesen der Notalldaten befugt. Auch sie benötigen die explizite Zustimmung der Patient:innen im Rahmen einer Behandlung. Lediglich Not-Situationen, beispielsweise wenn Patient:innen nicht ansprechbar sind, stellen Ausnahmen dar. Im medizinischen Ernstfall erfolgt der Zugriff ohne Zustimmung der Patient:innen.
Datensicherheit im Notfalldatenmanagement
Der Schutz personenbezogener Daten ist in Deutschland ein großes Thema. Dies gilt besonders, wenn sensible Daten, wie medizinische Informationen, im Spiel sind. Daher ist das Auslesen der Notfalldaten nur im Rahmen einer Behandlung erlaubt. Zustimmung zum Zugriff auf die Notfalldaten geben Patient:innen durch Eingabe eines PINs in das Kartenlesegerät der Praxis. Die PIN-Funktion ist standardmäßig für elektronische Gesundheitskarten deaktiviert. Die Aktivierung des PIN-Schutzes ist für Versicherte jederzeit möglich. Sprechen Sie dazu mit Ihrer Krankenversicherung. Die PIN für die Krankenkarte erhalten Sie ebenfalls von der Versicherung.
Zugriffe von Behandelnden, welche die Notfalldaten anlegen, bearbeiten oder löschen, werden protokolliert. Mithilfe des elektronischen Heilberufsausweises signieren Ärzt:innen den Notfalldatensatz digital. Dabei sollten die Notfalldaten bei jedem Arzt- oder Therapeutenbesuch auf Aktualität und Vollständigkeit überprüft werden. In einer medizinischen Not-Situation greifen Ärzt:innen, ärztliche Psychotherapeut:innen und deren Mitarbeitende ohne Zustimmung der Patient:innen auf die hinterlegten Notfalldaten zu. Dabei protokolliert die Gesundheitskarte jeden Zugriff und macht die Verwendung der Notfalldaten transparent. Eine Pflicht zum Zugriff für Ärzt:innen besteht nicht.
Darüber hinaus verfügen Patient:innen über ein Widerrufsrecht: Auf Wunsch werden alle auf der Krankenkarte hinterlegten Notfalldaten gelöscht. Im Ernstfall stehen keine Notfall-Informationen mehr zur Verfügung. Dagegen sind Mediziner:innen nicht verpflichtet, das Notfalldatenmanagement ihren Patient:innen aktiv anzubieten. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung ist NFDM „nur für Patientinnen und Patienten vorgesehen, für die ein medizinischer Grund besteht. Das heißt, es besteht ein Sachverhalt, von dem Ärzte und medizinisches Personal in einem Notfall wissen sollten“ (Quelle: KBV). Sprechen Sie als Patient:in Ihre:n behandelne:n Ärzt:in gern auf das Notfalldatenmanagement an.
Notfalldatenmanagement: Viele Vorteile für Patient:innen
Neben der Verfügbarkeit von medizinischen Informationen in Not-Situationen zur schnellen Anamnese, bietet das Notfalldatenmanagement Patient:innen weitere Vorteile. Das Notfalldatenmanagement kann mit der elektronischen Patientenakte (ePA) verknüpft werden. Bei Arzt- und Krankenhausbesuchen machen sich Behandelnde durch NFDM schnell einen Überblick über die medizinische Vorgeschichte von Patient:innen. Damit wird auch Patient:innen die Vorstellung bei Ärzt:innen und Therapeut:innen erleichtert. Sie listen nicht mehr selbstständig alle Medikamente auf oder tragen Ihre medizinische Vorgeschichte zusammen. Stattdessen finden Sie alle relevanten Informationen in den Notfalldaten zusammengefasst.
Alle Informationen für Ärzt:innen und Therapeut:innen finden Sie hier.